Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e. V. macht sich die hier zitierten Aussagen ausdrücklich nicht zu eigen, sondern dokumentiert ausschließlich die daraus entstandenen Rechtsstreitigkeiten. Sofern die genannten Aussagen gerichtlich untersagt wurden, weisen wir darauf hin, dass dies jeweils deshalb geschah, weil es sich nach Ansicht des zuständigen Gerichts/der zuständigen Gerichte um unwahre Tatsachenbehauptungen oder um Meinungsäußerungen, die an unwahre Tatsachenbehauptungen anknüpfen, handelt.


Inhalt:



I. Hintergrund der Diskussion

Im Privateigentum der Hohenzollern befinden sich zwei Archivbestände, über deren Zugang zur Zeit gestritten wird.

Auf Burg Hohenzollern in Hechingen befindet sich das "Hausarchiv der Hohenzollern", auch Familienarchiv genannt. Es handelt sich um ein privates Archiv. Der Zugang unterliegt keinerlei gesetzlichen Vorschriften. Es obliegt also der freien Entscheidung des Eigentümers, wem er Zugang zum Archiv gewährt. Über etwaige Möglichkeiten, Bedingungen und Voraussetzungen der Nutzung ist soweit ersichtlich nichts veröffentlicht.



Burg Hohenzollern, Standort des "Hausarchivs der Hohenzollern"

Darüber hinaus befinden sich Archivalien des Brandenburg-Preußischen Hausarchivs im Geheimem Staatsarchiv der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Dazu hat die Bundesregierung im Oktober 2020 folgendes mitgeteilt:

Die Archivalien des Brandenburg-Preußischen Hausarchivs (BPH) werden im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Generalverwaltung des vormals regierenden Preußischen Königshauses von 1976 verwahrt. Diese Vereinbarung wurde nach der Wiedervereinigung im gegenseitigen Einvernehmen auch auf die aus Merseburg nach Dahlem gekommenen BPH-Archivalien angewandt. Es herrscht seither Einigkeit darüber, dass die Verwahrung dieser BPH-Archivalien wie die aller anderen Archivalien des GStA PK nach der Maßgabe des vom Archiv zur Grundlage seiner Arbeit genommenen Bundesarchivgesetzes stattfindet. Die Benutzung der BPH-Bestände ist daher bis auf eine Ausnahme (s. dazu den übernächsten Absatz) jederzeit für jeden im Rahmen der üblichen archivgesetzlichen Regelungen möglich. Nutzungseinschränkungen existieren für den Bestand I. HA Rep. 100 A Generalverwaltung des vormals regierenden königlichen Hauses (1921 bis 1945), der aber nicht zu den Beständen des BPH gehört. Die Benutzung dieser Akten ist nur durch vorherige Genehmigung seitens der Generalverwaltung möglich, da es sich bei diesem Bestand im Wesentlichen um Bruchstücke der laufenden Registratur der Generalverwaltung und der Hofkammern handelt, die 1950 in Schloss Rheinsberg „sichergestellt“ worden sind, wo die Behörden in den Jahren 1943 bis 1945 ihren Sitz hatten. Da die Generalverwaltung seit ihrer Gründung im Jahre 1921 eine private Behörde der Hohenzollern zur Verwaltung ihrer Familien-, Vermögens- und Güterangelegenheiten ist und es sich bei dem Bestand um einen „ungeregelten Zugang“ handelt, ist hier von der gleichen Eigentumsqualität auszugehen wie im Falle des Registratur- und Archivgutes der Generalverwaltung, das sich zurzeit auf der Burg Hechingen (sog. Burgarchiv) befindet. Darüber hinaus ist der BPH-Nachlassbestand Rep. 192 Wilhelm von Dommes ebenfalls Nutzungsbeschränkungen seitens der Generalverwaltung unterworfen. Wilhelm von Dommes war von 1932 bis 1941 und von 1945 bis 1946 Leiter der Generalverwaltung. Dieser Umstand erklärt, dass sehr viel dienstliches Schriftgut in seinem privaten Nachlass enthalten ist. Aufgrund einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem GStA PK und der Generalverwaltung ist dieser Bestand daher zurzeit ebenfalls nur eingeschränkt, d. h. nur über eine Genehmigung seitens der Generalverwaltung, nutzbar. Alle anderen Bestände des Brandenburg-Preußischen Hausarchivs stehen im Rahmen der Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes einer Nutzung uneingeschränkt offen.Das GStA PK und die Generalverwaltung des vormals regierenden preußischen Königshauses streben den Abschluss eines Depositalvertrages an, nach dem das GStA PK den genannten Bestand I. HA Rep. 100 A Generalverwaltung des vormals regierenden preußischen Königshauses (1921 bis 1945) als Depositum, d. h. unter Wahrung der Eigentumsrechte der Hohenzollern verwahren und der Nutzung zugänglich machen kann.

 

Auf der "offziellen Seite des Hauses Hohenzollern" heißt es zu den Streitigkeiten um den Archivzugang:

Unter der Überschrift „Manipulation der Geschichte“ erschien am 30. Juli 2019 in der „Berliner Zeitung“ ein Interview mit der Historikerin Dr. Carina (sic!) Urbach. Gleichlautend äußert sich die Wissenschaftlerin auch am 31. Juli im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“. Im Rahmen dieser Veröffentlichungen gab Frau Dr. Urbach grundlagenlos u.a. an, das Hausarchiv der Hohenzollern stünde angeblich der Forschung nicht offen. Den Nachweis für ihre Behauptung musste sie schuldig bleiben. Auch ihre Behauptungen, wie z.B. „…die Familie will das Geschichtsbild kontrollieren und entscheiden, wer welche Dokumente sehen darf, was veröffentlicht wird und was nicht“ oder „das ist klare Manipulation. Da wird ein Staatswesen – Preußen – noch über seinen Tod hinaus als Besitz der Familie betrachtet…“ entbehren daher jeder Grundlage.
Tatsächlich steht das auf der Burg Hohenzollern untergebrachte Hausarchiv der Wissenschaft zur Verfügung. Auch Wissenschaftler, die dem Haus Hohenzollern kritisch gegenüberstehen, hatten und haben selbstverständlich Zugang zum Hohenzollernarchiv. Das Archiv des Hauses Hohenzollern wird ausschließlich aus hauseigenen Mitteln finanziert. Es arbeitet zum Beispiel auch eng mit dem Geheimen Staatsarchiv in Berlin zusammen, das über weitere Akten des Hauses Hohenzollern verfügt.
Nachdem Prinz Georg Friedrich entschieden gegen die Falschbehauptungen von Frau Dr. Urbach vorgegangen ist, hat deren Anwalt am 20. August 2019 eine vollständige Unterlassungserklärung bezogen auf die getroffenen unwahren Aussagen abgegeben.

 

II. Abmahnungen und Gerichtsentscheidungen

1. Interview Karina Urbach

Am 31.7.2019 bzw. 1.8.2019 erschien in der Berliner Zeitung und in der Frankfurter Rundschau ein Interview mit der Historikerin Karina Urbach, in der es um die Entschädigungsforderungen von Georg Friedrich Prinz von Preußen und die Rolle der Hohenzollern beim Aufstieg des Nationalsozialismus ging. Dabei äußerte Frau Urbach unter anderem folgende Sätze:

„[…] denn das Hausarchiv der Hohenzollern steht der Forschung nicht offen.“

„Der Nachlass des Kronprinzen zum Beispiel ist überhaupt nicht einsehbar.“

„Da es keinen freien Zugang dazu gibt, wissen wir das auch nicht.“

„Die Familie will das Geschichtsbild kontrollieren und entscheiden, wer welche Dokumente sehen darf, was veröffentlicht wird und was nicht.“

„Das ist klare Manipulation.“

„Da wird ein Staatswesen – ‚Preußen` –  noch über den Tod hinaus als Privatbesitz einer Familie betrachtet.“

Am 7.8.2019 forderte Georg Friedrich Prinz von Preußen Frau Urbach auf, eine Unterlassungsverpflichtungserklärung im Hinblick auf diese Äußerungen abzugeben. Frau Urbach legte gegenüber dem Anwalt von Herrn Prinz von Preußen dar, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Habilitationsschrift Anfang der 2000er Jahre eine offizielle Anfrage an das Hausarchiv auf der Burg Hohenzollern gestellt, aber niemals eine Antwort erhalten habe. Da sie den Zugang dieser Anfrage in Hechingen nicht gerichtsfest beweisen konnte und eine juristische Auseinandersetzung verhindern wollte, gab sie eine entsprechende Unterlassungserklärung ab.

Mit Urteil vom 10.12.2019 untersagte das Landgericht Berlin sowohl der Berliner Zeitung als auch der Frankfurter Rundschau die weitere Verbreitung dieser Äußerungen. Es handele sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, die Georg Friedrich Prinz von Preußen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen.





2. Namensbeitrag Stephan Malinowski

Am 6.8.2019 erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Gastbeitrag des Historikers Stephan Malinowski mit dem Titel "Wir Stauffenbergs". Dort heißt es unter anderem:

"Die in Princeton arbeitende Historikerin Karina Urbach, deren Expertise zum Thema Hochadel und Nationalsozialismus international unübertroffen ist, hat unlängst nicht nur die Verbindung der Hohenzollern zum Nationalsozialismus betont, sondern auch die oftmals selektiven Archivzugänge diskutiert."

Am Folgetag sandte Georg Friedrich Prinz von Preußen über seinen Anwalt die Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung an Herrn Malinowski. Der Satzteil

„[…] sondern auch die oftmals selektiven Archivzugänge diskutiert“,

entbehre jeder Grundlage und würde die Falschbehauptung von Frau Urbach weitertragen.

Herr Malinowski hat die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben. Weitere Schritte durch Georg Friedrich Prinz von Preußen erfolgten nicht.


3. Namensbeitrag Eckart Conze und Eva Schlotheuber

Am 9.9.2020 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Artikel der Historiker Eva Schlotheuber und Eckart Conze unter dem Titel „Die Ehre der Familie“. Dort heißt es unter anderem:

„Tatsächlich wird der Zugang zum Familienarchiv offiziell nicht verweigert, kann aber subtil dadurch unmöglich gemacht, zumindest aber stark behindert werden, dass Termine zur Einsichtnahme der Quellen nicht vor Ablauf von mehr als einem Jahr gewährt werden oder nur ein Teil der Akten einsehbar ist.“

Auf Antrag Georg Friedrich Prinz von Preußens untersagte das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 20.10.2020 diese Äußerung unter Hinweis auf die von seinem Anwalt vorgelegte Antragsschrift. In dem vorher an die Zeitung übermittelten Schreiben heißt es,

dass es der geäußerten Vermutung an realen Anknüpfungspunkten fehle. Tatsächlich habe es Corona-bedingt eine behördlich angeordnete Archivschließung gegeben. In diesem Zusammenhang habe Herrn Dr. Malinowski – von dem es heiße, er habe den Artikel geschrieben – leider ein Termin angeboten werden müssen, der nicht den sonstigen Möglichkeiten entspricht. Auch sei es unwahr, dass nur ein Teil der Akten einsehbar sei. Da habe der „Denunziant" nicht verstanden, welche Akten auf der Burg Hohenzollern und welche Bestandteil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz seien.

Mit Urteil vom 4.11.2021 untersagte das Landgericht Berlin die Weiterverbreitung dieser Äußerung auch in der Hauptsache. Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.



4. Artikel FragDenStaat.de

Am 14.11.2019 veröffentlichte die Seite www.fragdenstaat.de einen Artikel unter dem Titel "Der braune Adel und die Nazis: Wir veröffentlichen die Briefe von Kronprinz Wilhelm an Hitler". Unter der Zwischenüberschrift "Keine Distanzierung, keine öffentlichen Quellen" heißt es in dem Artikel unter anderem:

"Die Quellenlage ist ein weiteres Problem: Während das Bundesarchiv - wie im Fall der von uns veröffentlichten Briefe - einige Dokumente zu Wilhelm bereithält, liegt ein großer Teil des Nachlasses in Privatarchiven der Hohenzollern, die nicht öffentlich zugänglich sind. Eine unabhängige Forschung zu den Hohenzollern ist also kaum möglich, weil ein großer Teil des adligen Besitzes nicht enteignet wurde."

Auf Antrag Georg Friedrich Prinz von Preußens untersagte das Landgericht Berlin im einstweiligen Rechtsschutz mit Urteil vom 23.4.2020 über ihn Folgendes zu äußern:

"keine öffentlichen Quellen"
"Die Quellenlage ist ein weiteres Problem: ... liegt ein großer Teil des Nachlasses in Privatarchiven der Hohenzollern, die nicht öffentlich zugänglich sind."
"Eine unabhängige Forschung zu den Hohenzollern ist also kaum möglich..."

Am 19.8.2021 bestätigte das Kammergericht diese Entscheidung.

Mit Urteil vom 18.5.2021 untersagte das Landgericht Berlin die Weiterverbreitung dieser Äußerungen auch in der Hauptsache. Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.


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