Preußisches Gesetz über die Aufhebung der Standesvorrechte des Adels und die Auflösung der Hausvermögen v. 23.6.1920

Preussisches Adelsgesetz v, 23.06.1920.pdf


"Hausgesetz", „erlassen“ durch Wilhelm II. am 21. Juni 1920

abgedruckt in: Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen, Gott helfe unserem Vaterland. Das Haus Hohenzollern 1918-1945, 2003, S. 328 ff.


Wir Wilhelm,

von Gottes Gnaden vormals regierender deutscher Kaiser und König von Preußen, Markgraf zu Brandenburg, Burggraf zu Nürnberg, Graf zu Hohenzollern, souveräner und oberster Herzog von Schlesien wie auch der Grafschaft Clatz , Großherzog von Niederrhein und Posen, Herzog zu Sachsen, Westfalen und Engern, zu Pommern und Lüneburg, Holstein und Schleswig, zu Magdeburg, Bremen Geldern, Clewe, Jülich und Berg sowie auch der Wenden und Kassuben, zu Krossen, Leuenburg, Mecklenburg, Landgraf zu Liessen und Thüringen, Markgraf der Ober- und Niederlausitz Prinz von Oranien, Fürst zu Rügen, zu Ostfriesland, zu Paderborn und Pyrmont, zu Halberstadt, Münster, Minden, Osnabrück, Hildesheim, zu Verden, Kammin, Fulda, Nassau und Möre, gefürsteter Graf zu Henneberg, Graf der Mark zu Havensberg, zu Hohenstein, Tecklenburg und Lingen, zu Mansfeld, Sigmaringen und Veringen, Herr zu Frankfurt urkunden und bekennen für Uns, Unsere Nachfolgen und Nachkommen:

Nachdem die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. Augst 1919 in den Artikeln 109 und 155 bestimmt hat, daß öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes aufzuheben und Fideikommisse aufzulösen sind, finden Wir Uns mit Rücksicht auf die hiernach bevorstehenden staatlichen Maßnahmen, und da in den Hausgesetzen des Königlichen Hauses für diesen Fall nichts vorgesehen ist, kraft der Uns als Chef Unseres des Königlichen Preußisch- Brandenburgischen Hauses zustehenden Gewalt unter Beitritt sämtlicher volljähriger Prinzen Unseres Königlichen Hauses, nämlich Unserer Söhne, Unseres Bruders des Prinzen Heinrich von Preußen und seiner Söhne, Unserer Neffen der Prinzen Waldemar und Sigismund von Preußen, sowie unserer Vettern des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, sowie unserer Vettern der Söhne des hochseligen Prinzen Albrecht, der Prinzen Friedrich Heinrich, Joachim Albrecht und Friedrich Wilhelm von Preußen bewogen, die zur Zeit geltende Hausverfassung in betreff der Rechtsverhältnisse des Hausvermögens abzuändern und demgemäß nachstehendes

Hausgesetz

zu erlassen.


I. Abschnitt

Hausvermögen

Art. 1.

Hausvermögen im Sinne des Gesetzes ist alles Vermögen, das bisher von dem Ministerium des königlichen Hauses als Hausvermögen verwaltet worden ist; zu ihm gehören insbesondere auch die Kronjuwelen, der Allodialfonds, das Mobiliarvermögen (bewegliche Gegenstände), soweit es dem gegenwärtigen Inhaber bereits von seinen Vorfahren überkommen ist, und die Bestände des Hausarchivs.

Das Hausvermögen ist nach der Hausverfassung des Königlich Preußisch-Brandenburgischen Hauses Eigentum Seiner Majestät des Kaisers und Königs, unterworfen den aus sich aus der Hausverfassung ergebenden Beschränkungen.

Art. 2.

Das Hausvermögen wird mit Wirkung vom 31. März 1923 aufgelöst. Mit diesem Zeitpunkt erlischt die auf die Hausverfassung beruhende fideikommissarische Bindung des Vermögens. Die sämtlichen Bestandteile des bisherigen Hausvermögens sind mit Wirkung vom 31. März 1923 ab nicht gebundenes Allodialvermögen desjenigen, der in diesem Zeitpunkt Hausgutsinhaber ist.

Falls das Staatsgesetz über die Aufhebung der Standesvorrechte des Adels und die Auflösung der Hausvermögen einen früherem oder späteren Termin als den 1. April 1923 für den Eintritt der staatlichen Zwangsauflösung des Hausvermögens bestimmt, soll die Auflösung des Hausvermögens nach Maßgabe dieses Hausgesetzes an dem Tage eintreten, der dem in dem Staatsgesetz festgelegten Termin voraufgeht.

Art. 3.

Der zur Zeit der Auflösung (Art. 2) im Besitz befindliche Hausgutsinhaber hat von da ab die Rechtsstellung eines Vorerben im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches mit der Maßgabe, daß er von den Beschränkungen und Verpflichtungen des § 2113 Abs. 1 und der §§ 2144, 2116 bis 2119, 2123, 2128 und 2129 ebenda befreit ist.

Über den Allodialfonds und das Mobiliarvermögen ist der Hausgutsinhaber zur freien Verfügung berechtigt (§ 2137 Abs. 2). Er kann über das Mobiliarvermögen insbesondere zur Ausstattung von Prinzen unter Lebenden frei verfügen.

Art. 4.

Nach dem Tode des in Art. 2 bezeichneten Hausgutsinhabers fällt das bisherige Haushaltsvermögen unter Ausschluss aller etwaigen Pflichtteilsrechte an denjenigen, der nach der bisherigen Folgeordnung in das Hausvermögen succediert sein würde, wenn dieses nicht aufgelöst worden wäre. Nach seinem Tode geht das bisherige Haushaltsvermögen nacheinander auf die nach der bisherigen Folgeordnung Berechtigten über, soweit dies im Rahmen des § 2109 B.G.B. zulässig ist. Die Nachfolger des in Art. 2 bezeichneten Hausgutsinhabers haben die Rechtsstellung von Nacherben im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Als Erbfall im Sinne des § 2109 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt die Auflösung gemäß Art. 2.

Art. 5.

Nachfolgeberechtigt im Sinne dieses Hausgesetzes ist der Mannesstamm Seiner Majestät des hochseligen Kaisers Friedrich nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge.

Art. 6.

Solange der jeweilige Inhaber des bisherigen Hausvermögens die Rechtsstellung eines Vorerben hat, hat er alle bestehenden Haushaltsverbindlichkeiten insbesondere auch diejenigen Verbindlichkeiten zu erfüllen, die bisher dem Inhaber des Kronfideikommißfonds nach der Hausverfassung, namentlich den Hausgesetzen von 1820 und 1843 oblegen haben. Dies gilt insbesondere für die Gewährung von Apanagen, Wohnsitzen, Sustentationen Wittümern, Ausstattungen und Mitgiften mit Ausnahme derjenigen, die nach Art. 9 dieses Haushaltsgesetzes fortfallen. Für das Recht auf Apanage bleiben die derzeitigen hausverfassungsgemäßen Voraussetzungen in Kraft. Dasselbe gilt von ihrer Höhe, insbesondere dem Grundsatz, dass eine Herabsetzung der bisher gezahlten Summen nach Maßgabe der Verringerung der Einkünfte und des Bedürfnisses zulässig ist. Dieser Grundsatz findet auch auf die durch Eheverträge bestimmten Wittümer und Apanagen Anwendung.

Art. 7.

Sobald der Inhaber des bisherigen Hausvermögens nicht mehr nach Art eines Vorerben beschränkt ist, sind diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt auf Grund des Art. 6 Apanagen usw. bezogen haben, und die Witwe des letzten Hausgutsinhabers wegen ihrer Ansprüche nach folgenden Grundsätzen abzufinden:

  1. Auf eine Abfindung haben keinen Anspruch die Abkömmlinge desjenigen, in dessen Hand das bisherige Hausvermögen von den in Art. 4 bezeichneten Beschränkungen frei wird.
  2. Der Abfindung wegen der Apanagen und Sustentationen wird die in dem Geraer Vertrage bestimmte Mindestapanage von 30 000 M ohne Rücksicht auf Volljährigkeit und Minderjährigkeit zu Grunde gelegt, während die weiblichen Abkömmlinge je 10 000 M abzusetzen sind. Jedoch sind dabei nur diejenigen zu berücksichtigen, die nach dem Grundsatz der bisherigen Hausverfassung zum Hausverbande gehört haben würden, wenn dieser weiterbestanden hätte. Der so ermittelte Betrag wird mit dem Fünfundzwanzigfachen kapitalisiert. Zu dem Kapitalbetrage tritt für jedes weibliche noch nicht vermählte Mitglied die Summe von 150 000 M. Verwitwete Prinzessinnen stehen hier den vermählten gstzl. gleich. Hinsichtlich der geborenen preußischen Prinzessinnen, deren Ehen geschieden sind, wird es dem billigen Ermessen des Hausgutsinhabers überlassen, ihnen unter Berücksichtigung des einzelnen Falles eine Sustentation zu gewähren. Außer den Apanagen erhalten die volljährigen Prinzen entweder einen Wohnsitz oder eine angemessene Entschädigung für diesen.

Der Besitz von Sonderfideikommissionen oder erheblichem eigenen Privatvermögen bleibt auf die Festsetzung der Abfindung ohne Einfluss. Es wird jedoch der Loyalität und dem Gerechtigkeitssinn des Hausgutsinhabers anheimgegeben, allzu große Verschiedenheiten in den Vermögensverhältnissen durch freiwillige Erhöhung der Abfindungen auszugleichen, soweit das Hausvermögen ohne Beeinträchtigung des Unterhalts der Hauptlinie es gestattet.

  1. Bezüglich der Wittümer hat derjenige, der in dem bezeichneten Zeitpunkt Hausgutsinhaber ist, die Wahl, ob er sie weiterzahlen oder mit Kapital abfinden will. Im letzteren Falle erfolgt die Abfindung durch Kapitalisierung des zuletzt gezahlten Jahresbetrages nach den Vorschriften der Reichabgabenordnung. Bei Wiedervermählung fällt die Wittums-Rente fort; von dem gezahlten Abfindungskapital ist in diesem Falle ein entsprechender Teil zu erstatten.
  2. Die gesamten Abfindungskapitalien sollen, berechnet für den Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt, ein Drittel des dem Hausgutsinhaber verbleibenden bisherigen Hausvermögen nicht übersteigen. Andernfalls sind sie entsprechend herabzusetzen. Bei der Bewertung des bisherigen Hausvermögens bleiben die nicht zur Veräußerung bestimmten beweglichen Gegenstände, die geschichtlichen oder künstlerischen oder wissenschaftlichen Wert haben, außer Ansatz. Bei der Bewertung des Grundbesitzes ist der Ertragswert zu Grunde zu leben (siehe Ziff. 6). Für die Ermittelung der 1/3 Grenze bleiben die Wittümer unberücksichtigt.
  3. Derjenige, der in dem bezeichneten Zeitpunkt Inhaber des bisherigen Haushaltsvermögens ist, ist berechtigt, die Abfindung nach seinem freien Ermessen anstatt in Kapital ganz oder teilweise in Land- oder Waldgütern zu entrichten. Land- und Waldgüter sind hierbei zum Ertragswerte in Anrechnung zu bringen (siehe Ziff. 6). Über die Auswahl entscheidet der Hausgutsinhaber allein. Er hat hierzu eine fünfjährige Frist, die von dem nächsten Kalenderquartalsersten läuft, der dem in Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt folgt. Bis zur Auszahlung der Abfindungskapitalien sind diese mit fünf vom Hundert jährlich zu verzinsen: die Zinsen sind jeweils für drei Monate im voraus zu entrichten.
  4. Bei der Bewertung der Vermögen und der Grundstücke gilt als Ertragswert sowohl bei land- oder forstwirtschaftlichen und gärtnerischen Grundstücken als auch bei bewohnten oder gewerblichen genutzten Grundstücken das Fünfundzwanzigfache des Reinertrages, den sie nach dem Durchschnitt der letzten 15 dem in Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt voraufgegangenen Jahre erbracht haben. Das Inventar ist dabei nicht besonders zu bewerten. Eine zur Abgeltung des Reichsnotopfers übernommene Tilgungsrente ist bei der Werteberechnung in Abzug zu bringen.
  5. Die Apanage- und Wittumsberechtigten können wegen ihrer Abfindung Sicherstellung verlangen.
  6. Über alle Streitigkeiten, die sich bei den Abfindungen ergeben sollten, soll unter Ausschluß des Rechtsweges ein Schiedsgericht entscheiden. Dieses besteht aus fünf männlichen Personen, die die Befähigung zum Richteramt haben müssen, und von denen der Hausgutsinhaber und der Stammvater des abfindungsberechtigten Familienzweiges je zwei Mitglieder ernennen. Diese vier Schiedsrichter ernennen den Obmann. Falls sie sich über seine Person nicht einigen können, ist die oberste preußische Auflösungsbehörde für Familiengüter um seine Ernennung zu ersuchen. Die Schiedsrichter entscheiden nach Stimmenmehrheit.

Art. 8.

Solange der Inhaber des bisherigen Hausvermögens die Rechtsstellung eines Vorerben hat, soll der Minister des Königlichen Hauses Graf August zu Eulenburg und um Falle seiner Behinderung der Ministerialdirektor Graf Georg von Kantis befugt sein, die Rechte der in Art. 4 bestimmten Nachfolger auszuüben und ihre Pflichten zu erfüllen. Die Rechtswirksamkeit der Rechtshandlungen des Grafen Georg von Kanitz ist von der wirkhohen Behinderung des Grafen August zu Eulenburg oder dem Nachweise dieser Behinderung nicht abhängig. Die Vertretungsbefugnis des genannten soll sowohl Behörden, als auch Privatpersonen gegenüber gelten, und sie sollen insbesondere auch befugt sein, namens der Nachfolger Eintragungen und Löschungen jeglicher Art in öffentlichen Büchern zu bewilligen und zu beantragen.

Jeder der Genannten soll berechtigt und verpflichtet sein, alsbald nach Annahme des in Abs. 1 bezeichneten Amtes in gerichtlicher oder notarieller Urkunde einen Nachfolger zu bestellen, der im Falle seines Wegfalls zunächst an seine Stelle tritt. Sollte wider Erwarten ein Vertreter der in Art. 4 bestimmten Nachfolger nicht vorhanden sein, dann sollen die drei nächsten volljährigen Nachfolgeberechtigten ihn durch Stimmenmehrheit ernennen. Auf ihn sollen die Vorschriften dieses Artikels Anwendung finden.


II. Abschnitt.

Sonderfideikommisse

Art. 9.

  1. Für die im Besitz Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich von Preußen befindlichen Fideikommisse, die Herrschaft Opatow-Swiba und die Prinz-Georg-Stiftung, fallen die für den Fall des Aussterbens des Mannesstammes Seiner Königlichen Hoheit vorgesehenen Anfallsrechte des Hausgutsinhabers fort. Die beiden Fideikommisse werden mit dem Inkrafttreten dieses Hausgesetzes aufgehoben und freies Vermögen des derzeitigen Besitzers.
  2. Das im Besitze seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Oskar von Preußen befindliche Alexander-Fideikommiß (ein Geldfideikommiß) wird mit dem Tode des derzeitigen Besitzers aufgehoben. Zwei Fünftel des Fideikommißvermögens fallen in den Allodialnachlaß des derzeitigen Besitzers, die anderen drei Fünftel fallen an denjenigen, der nach der bisherigen Folgeordnung in das Fideikommiß succedieren würde, wenn dieses nicht aufgelöst worden wäre mit der Maßgabe, daß die Berufung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Eitel Friedrich von Preuße und seines Mannesstammes in Fortfall kommt. Der Nachfolger der drei Fünftel hat die Rechtsstellung eines Vorerben im Sinne des Art. 3 dieses Hausgesetzes. Nach seinem Tode fällt das bisherige Fideikommißvermögen an den in derselben Weise bestimmten Nachfolger. Dieser hat die Rechtsstellung eines Nacherben im Sinne des Art. 4 dieses Hausgesetzes.
  3. Das auf Grund des Testamentes der hochseligen Kaiserin Friedrich von Seiner Majestät dem Kaiser und König errichtete Familienfideikommiß wird mit dem Inkrafttreten dieses Hausgesetzes aufgehoben. Der derzeitige Besitzer hat von da an die Rechtsstellung eines Vorerben im Sinne des Art. 3 dieses Hausgesetzes. Nach seinem Tode fällt es an denjenigen, der nach der bisherigen Folgerung in das Fideikommiß succedieren würde, wenn dieses noch nicht aufgelöst worden wäre, und nach seinem Tode an den in derselben Weise bestimmten Nachfolger, jedoch mit den Beschränkungen, die sich aus § 2109 BGB ergeben. Die Nachfolger haben die Rechtsstellung von Nacherben im Sinne des Art. 4 dieses Hausgesetzes.
  4. Für das im Besitz Seiner kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen befindlichen Familienfideikommiß der mit dem Thronlehn Fürstentum Oels in wirtschaftlichem Zusammenhange stehenden Güter Kaltvorwerk, Niederschmollen etc. fällt das in der Stiftungsurkunde vorgesehene Heimfallrecht des Hausgutsinhabers fort. Das Fideikommiß wird mit dem Inkrafttreten dieses Hausgesetzes aufgehoben und freies Vermögen seines derzeitigen Besitzers. Dasselbe gilt für den eigentlichen Lehnsbesitz, das Thronlehm Fürstentum Oels selbst.
  5. Für das im Jahre 1844 errichtete, Im Besitz und Genuß der beiden Linien der Prinzen Karl und Albrecht von Preußen befindliche Königlich Prinzliche Familienfideikommiß mit den Herrschaften Flatow und Krojanke fällt mit dem Inkrafttreten dieses Hausgesetzes das in der Stiftungsurkunde vorgesehene Heimfallsrecht des Hausgutsinhabers fort. Die Auflösung des Fideikommisses erfolgt nach den gesetzlichen Bestimmungen, ohne Beteiligung des Gesamthauses.
  6. Ebenso fällt für das im Besitz der Linie des Prinzen Karl von Preußen befindliche Fideikommiß Düppel-Dreilinden mit Collin das für den Fall des Aussterbens des Mannesstammen dieser Linie vorgesehene Anfallsrecht des Hausgutsinhabers fort. Die Auflösung des Fideikommisses bleibt lediglich der genannten Linie überlassen.
  7. Das Recht des vormals regierenden Königshauses auf den derseinstigen Rückfall des der Linie des Prinzen Albrecht von Preußen erheblich überwiesenen Palais-Grundstücke in Berlin, Wilhelmstraße 102 und die Verpflichtung der genannten Linie, einen Teil der Grundstücke Wilhelmstraße 103 und 104 dem Könighause anzubieten, fallen mit dem Inkrafttreten dieses Hausgesetzes fort. Bezüglich des Grundstücks Wilhelmstraße 102 hat der Hausgutsinhaber auf Verlangen die zur Berichtigung des Grundbuchs erforderlichen Erklärungen abzugeben.

Für die Mitglieder der in Ziffer 5 und 6 genannten Linien erlöschen mit dem Inkrafttreten dieses Hausgesetzes alle Rechte an dem im I. Abschnitt behandelten Hausvermögen, insbesondere die Ansprüche auf Apanagen, Wohnsitz, Sustentationen, Wittümer, Ausstattungen und Mitgiften. Die Verpflichtungen, die in Eheverträgen zu Gunsten von Mitgliedern der genannten Linien eingegangen sind, fallen, soweit sie bisher dem Inhaber des Kronfideikommißfonds oblegen haben, künftig fort.


III. Abschnitt

Zusatz- und Schlussbestimmungen


Art. 10

Prinzessinnen, die von ihrem preußischen Ehegemahl geschieden worden sind und geschieden werden, scheiden aus dem Königliche Preußisch-Brandenburgischen Hause aus, es sei denn, dass im Ehescheidungsurteil der Gemahl für den allein schuldigen Teil erklärt wird. Sie verlieren das Recht auf Führung der durch die Eheschließung erworbenen Namensbezeichnung.

Preußische Prinzessinnen, die durch Vermählung in fremde Häuser aus dem Hause ausgeschieden sind und demnächst geschieden werde, treten dadurch in das Haus nicht wieder ein.

Die vorstehenden Bestimmungen haben solange Geltung, wie der Hausverband des Königlich Preußisch-Brandenburgischen Hause besteht. Darüber hinaus behalten sie für das Recht auf den Bezug von Apanagen, Wittümern usw. (Art. 6) und auf die Abfindung der Apanagen usw. (Art. 7) Geltung.

Art. 11.

Der Inhaber des bisherigen Hausvermögens ist unter Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB. berechtigt, alle zur Ausführung dieses Hausgesetzes notwendigen Erklärungen gegenüber Behörden und Privatpersonen abzugeben, insbesondere auch alle Eintragungen und Löschungen in den öffentlichen Büchern und Registern zu bewilligen und zu beantragen. Er ist insbesondere berechtigt, die auf den Namen des Kronfideikommisses oder Hausfideikommisses oder früherer preußischer Könige eingetragenen Grundstücke im Grundbuche auf den Namen des Hausgutsinhabers umschreiben zu lassen. Dabei soll in Abteilung II der Grundbuchblätter eingetragen werden, dass der Eigentümer in der Verfügung über die Grundstücke den in diesem Hausgesetz festgesetzter Beschränkungen unterworfen ist. Dasselbe gilt für die Grundstücke, bezüglich deren die Eigenschaft als Kronfideikommiß oder Hausfideikommißgut in der II. Abteilung eingetragen ist.

Art. 12.

Der Inhaber des bisherigen Hausvermögens bleibt auch nach Fortfall der Hausgesetzgewalt berechtigt, allein alle zur Auseinandersetzung mit dem preußischen Staate notwendigen Rechtsgeschäfte für alle am Hausvermögen Beteiligten verbindlich vorzunehmen.

Art. 13.

Soweit durch die in diesem Hausgesetze bestimmte Auflösung des Hausvermögens Ungleichheiten und Unbilligkeiten entstehen, ist der Hausgutsinhaber bis zu dem in Art. 2 bezeichneten Zeitpunkt berechtigt, diese Härten durch einmalige Abfindung zu beseitigen, über deren Höhe er nach freiem Ermessen zu bestimmen hat.

Art. 14

Dieses Hausgesetz tritt mit seiner Vollziehung durch das Oberhaupt und die sämtlichen volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses alsbald in Kraft. Sollte einzelnen Bestimmungen dieses Hausgesetzes die Rechtswirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt werden.


Des zu Urkund gaben Wir diese auf Unseren Befehl Unserem Willen vollkommen gemäß abgefaßte Urkunde und Hausgesetz ausfertigen lassen, dieselbe Höchsteigenständig vollzogen und mit Unserem beigedrückten Königlichen Insiegel bestärken, auch von sämtlichen, volljährigen Prinzen Unseres Königlichen Hauses mitvollziehen lassen.


So geschehen und gegeben zu Haus Doorn den einundzwanzigsten Tag des Monats Juni im eintausendneunhundertundzwanzigsten Jahre nach Christi Unseres Herren Geburt.

(L.S.)                                               gez. Wilhelm II.

ggez. Graf zu Eulenburg.


Wir die nachstehend aufgeführten Prinzen des Königlichen Hauses:


Friedrich Wilhelm Viktor August Ernst Kronprinz des Deutschen Reichs und Kronprinz von Preußen

Wilhelm Eitel Friedrich Christian Karl

Adalbert Ferdinand Beregar Victor

August Wilhelm Heinrich Günther Viktor

Oskar Karl Gustav Adolf

Joachim Franz Humbert

Albert Wilhelm Heinrich

Waldemar Wilhelm Ludwig Friedrich Viktor Heinrich

Wilhelm Viktor Karl Ludwig August Heinrich Sigismund

Joachim Karl Wilhelm Friedrich Leopold

Joachim Wilhelm Viktor Leopold Friedrich Sigismund

Franz Joseph Oskar Ernst Patrik Friedrich Leopold

Wilhelm Ernst Alexander Friedrich Heinrich

Wilhelm Friedrich Karl Ernst Joachim Albrecht

Friedrich Wilhelm Viktor Karl Ernst Alexander Heinrich


Prinzen von Preußen


erklären und bekennen hierdurch, dass wir, nachdem Seine vormals regierende Majestät König Wilhelm II. Uns das vorstehende Hausgesetz hat vorlegen lassen, Wir solches wohl verstanden und der Verfassung des Königlichen Hauses gemäß befunden haben. Wir pflichten daher hierdurch demselben wohlbedächtig bei, unterwerfen Uns allen seinen Festsetzungen, erkennen es für ein immerwährendes Hausgesetz des Königlichen Hauses an und verpflichten Uns, für Uns, Unsere Erben und Nachkommen, dasselbe fest und unvebrüchlich zu halten.


Das zu Urkund haben Wir diese Akte Eigenhändig vollzogen, beziehungsweise durch Unsere Bevollmächtigten an Unserer Statt vollziehen lassen.


So geschehen Berlin, den 19. Juni 1920.

gez. Eitel Friedrich Prinz von Preußen

für Seine Königliche Hoheit Prinz Adalbert von Preußen gez. Dr. Wangemann

für Prinz August Wilhelm von Preußen gez. Eitel Friedrich Prinz von Preußen.

für Seine Königliche Hoheit Prinz Oskar von Preußen gez. Dr. Wangemann.

für Seine Jönigliche Hoheit Prinz Hoachim von Preußen gez. Dr. Wangemann.

für die Prinzen Heinrich, Waldemar und Sigismund von Preußen gez. V. Rumohr-Drült.

für seine königliche Hoheit Prinz Friedrich Leopold von Preußen (Vater) in Generalvollmacht gez. Dr. Julius Lubeszynski, Justizrat.

gez. Dr. Max Silbersteil, Justizrat in Generalvollmacht Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Fridrich Sigismund von Preußen.

für Friedrich Heinrich, Prinz von Preußen,

für Joachim Albrecht, Prinz von Preußen,

für Friedrich Wilhelm, Prinz von Preußen

              gez. Dr. Paul von Krause, Staatssekretär a.D.


Vollzogen Haus Doorn, den 21. Juni 1920


Gez. Wilhelm

Kronprinz,


wird von mir, dem unterzeichneten Minister des Königlichen Hauses als gesetz- und hausverfassungsmäßigen Behörde der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für das vormals regierende Königlich Preußisch-Brandenburgische Haus mit der Bescheinigung ausgefertigt, dass dasselbe der Hausverfassung gemäß zustandegekommen und von dem Oberhaupt uns alles volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses bezw. ihren legitimierten Vertretern vollzogen worden ist.


Berlin, den 23. Juni 1920

Der Minister des Königlichen Hauses.

(L.S.)                                      gez. A. Eulenburg.



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Vertrag über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Preußischen Staat und den Mitgliedern des des vormals regierenden Preußischen Königshauses vom 26.10.1926.

Vertrag Vermögensauseinandersetzung 1926.pdf


Auszug aus dem Erbvertrag aus dem Jahr 1938 zwischen dem ehemaligen Kronprizen Wilhem Prinz von Preußen und Louis Ferdinand Prinz von Preußen

§ 1

Der Kronprinz setzt seinen zweiten Sohn, Prinz Louis Ferdinand, zum alleinigen Erben ein. Er soll Vorerbe sein. Nacherbe nach ihm sollen die in § 2 genannten weiteren Abkömmlinge im Mannesstamme des Kronprinzen sein. Ihre Berufung erfolgt in der dort angegebenen Reihenfolge mit der Maßgabe, daß immer nur einer nach den Grundsätzen der Erstgeburtsfolge und der Erbfolge nach Stämmen Erbe wird. Die Nacherbschaft soll solange dauern, als das Gesetz (BGB § 2109) es zuläßt.

Erbe kann nicht sein (erbunfähig ist), wer nach den Feststellungen des Schiedsgerichts (§ 10) nicht aus einer den Grundsätzen der alten Hausverfassung des Brandenburgisch-Preußischen Hauses entsprechenden Ehe stammt oder in einer nicht hausverfassungsmäßigen Ehe lebt.

...


§ 2

Nacherben nach dem in § 1 eingesetzten Vorerben sollen seine Mannesstammabkömmlinge werden. Sollten sie nicht vorhanden sein, dann sollen Nacherben ... sein ...

Die Nacherben sollen auch Ersatzerben der vor ihnen als Vorerben Berufenen sein.

Der Fall der Nacherbfolge soll eintreten,

a) wenn der Vorerbe stirbt,

b) ... .


§ 3

Der jeweilige Erbe ist verpflichtet, den Familienmitgliedern Apanagen, Wittümer und Sustentationen, sowie sonstige Versorgungsleistungen insoweit zu gewähren, als sie darauf nach den anliegenden Bestimmungen des Hausgesetzes 1920 Artikel 6 Anspruch haben oder haben würden ...


§ 8

... Die Verwaltung der Testamentsvollstrecker soll solange bestehen, als es das Gesetz zuläßt (§ 2210 BGB), also mindestens dreißig Jahre nach dem Tode des Kronprinzen, mindestens bis zum Tode des Erben (Nacherben) und mindestens bis zum Tode der Testamentsvollstrecker oder ihrer Nachfolger. ...


§ 11

Dieser Erbvertrag tritt in vollem Umfange außer Kraft, wenn das in § 10 bezeichnete Schiedsgericht auf Grund des dort erwähnten Zusatzvertrages 1938 feststellt, daß die geschlossene Erhaltung des früheren Hausvermögens in einer Hand, wie sie nach dem Hausgesetz von 1920 und dem Vertragswerk von 1938 gewollt war, infolge wesentlicher Änderung der Verhältnisse unmöglich oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr vertretbar geworden ist. ...



Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam v. 4.2.1999 zum Antrag auf Rückerstattung der in Potsdam belegenen Immobilien des ehemaligen Kronprinzen 

Urteil des VG Potsdam v. 4.2.1999, Az. 1 K 1766_96.pdf

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