Eine besondere Rolle im modernen betrieblichen Gesundheitsschutz spielt das „Betriebliche Gesundheitsmanagement“.

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) zielt auf die Unternehmenskultur, auf Klima und Führung. Es zielt auf die Qualifizierung der Beschäftigten, ihr gesundheitsbewusstes Verhalten und insbesondere auch auf eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung. Einem vorzeitigen Verschleiß der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Unternehmensebenen wird dadurch entgegengewirkt. Das Betriebsergebnis wird gesteigert und der langfristige Unternehmenserfolg gesichert.

Betriebliches Gesundheitsmanagement ermöglicht:

  • das Vertrauen der Beschäftigten zu erhöhen und die Bindung an Aufgaben und Unternehmensziele zu stärken
  • Störungen in Abläufen und Arbeitsprozessen abzubauen
  • Informationsfluss, Kooperation und Teamarbeit zu verbessern
  • den Wissensaustausch zu erleichtern
  • Kontroll- und Koordinationskosten zu senken
  • Stress, Fehlzeiten und Fluktuation zu reduzieren
  • die Arbeitseffizienz zu steigern
  • die Qualität der Produkte und Dienstleistungen zu verbessern

BGM ist die Entwicklung betrieblicher Rahmenbedingungen, betrieblicher Strukturen und Prozesse, die die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit und Organisation und die Befähigung zum gesundheitsförderlichen Verhalten der Mitarbeiter zum Ziel haben !“ (Definition des BGM durch den Weiterbildungsstudiengang BGM an der Universität Bielefeld; siehe ebenfalls DIN Spec 91020 BGM)

Da die so genannten „weichen Unternehmensfaktoren“ zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, diese zugleich aber auch von zentraler Bedeutung für die Gesundheit der Beschäftigten sind, liegen hier noch viele ungenutzte Potenziale und Synergien. Auf ihre Erschließung zielt das Betriebliche Gesundheitsmanagement.

Abb. XX: Zusammenhang zwischen Organisation, Gesundheit und Arbeitsverhalten (in Anlehnung an U. Walter et al. 2006)


Kernelemente des Betrieblichen Gesundheitsmanagements

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Betriebliches Gesundheitsmanagement ist das ausdrückliche „Wollen“ des Topmanagements. Betriebliches Gesundheitsmanagement wird seine volle Wirksamkeit nur dann entfalten, wenn es vom Topmanagement als Führungsaufgabe erkannt und wahrgenommen und in Kooperation mit der Arbeitnehmervertretung aktiv und dauerhaft unterstützt wird (Walter et al. 2006).

Um notwendige Veränderungen in der Unternehmensorganisation anzustoßen und voranzutreiben, wird ein für strategische Entscheidungen autorisiertes Gremium benötigt. Daher ist für die Einführung und die dauerhafte Steuerung von Betrieblichem Gesundheitsmanagement die Einrichtung eines Lenkungsausschuss in Form eines Arbeitskreises Gesundheit anzuraten.

Grundlage für zielgerichtete Aktivitäten im Betrieblichen Gesundheitsmanagement sind der Aufbau einer integrierten Dateninfrastruktur und die Entwicklung eines Kennzahlensystems. Dies ermöglicht eine kontinuierliche quantitative Betrachtung des für das betriebliche Gesundheitsmanagement relevanten Unternehmensgeschehens.

Die Einführung und Verankerung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements erfolgt über die vier Kernprozesse: Diagnose, Interventionsplanung, Interventionsdurchführung und Evaluation. Die damit befassten Akteure von Sicherheit und Gesundheit sollten für diese Aufgabe ausreichend qualifiziert sein, d.h. über das erforderliche Fachwissen, Methoden- und Prozesskenntnisse verfügen.

Das betriebliche Gesundheitsmanagement lässt sich in drei grundsätzliche Handlungsfelder unterteilen:

  • Betriebliche Gesundheitsförderung
  • Sicherheit und Gesundheit sowie
  • Betriebliche Eingliederung / Disability Management

BGM vs. BGF

Sehr häufig wird „Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)“ mit „Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF)“ gleichgesetzt. Dies ist ein großer Fehler, da hierdurch der eigentlich wichtige Managementansatz des BGM „vergessen“ wird. Betriebliche Gesundheitsförderung ist immer nur ein Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements:

 

Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) umfasst alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz … !“ (Luxemburger Deklaration zur Gesundheitsförderung)

 

BGF bedient sich Instrumenten wie z. B. Gesundheitszirkel, ASA etc.. Sie beschreibt einzelne Maßnahmen zur Verhaltensmodifikation der Mitarbeiter oder auch zeitlich befristete Interventionen in das Betriebsgeschehen, um die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten oder den Gesundheitszustand zu verbessern. BGM hingegen ist ein Konzept der bewussten Steuerung, Integration und Entwicklung aller betrieblichen Prozesse mit dem Ziel der Erhaltung und Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Beschäftigten.

 

Man kann also von einer Entwicklung sprechen von der eher themenzentrierten Projektebene des BGF hin zu einer insbesondere strukturellen Optimierung im Rahmen des BGM.

Die Betriebliche Gesundheitsförderung hat im Gegensatz zum BGM eine rechtliche Grundlage und wurde erstmals 1988 in Ansätzen zu Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in Betrieben im Gesundheitsreformgesetz festgehalten. Heute findet sich die betriebliche Gesundheitsförderung in §20 SGB V wieder und ist der zentrale Punkt des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) vom 17. Juli 2015. Ziel des Präventionsgesetzes ist es, die Gesundheitsförderung und Prävention insbesondere in den Lebenswelten zu stärken, die Leistungen der Krankenkassen zur Früherkennung von Krankheiten weiterzuentwickeln und das Zusammenwirken von betrieblicher Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz zu verbessern.

DIN SPEC 91020:2012-07 „Betriebliches Gesundheitsmanagement“

Die DIN-Spezifikation 91020 legt Anforderungen an ein BGM fest, die es einer Organisation ermöglichen, ihre betrieblichen Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozesse so zu entwickeln und umzusetzen, dass das Arbeitssystem und die Organisation des Betriebes gesundheitsgerecht und leistungsfördernd gestaltet und die Mitarbeiter zum gesundheitsfördernden Verhalten befähigt werden. DIN Spec 91020 geht über die rechtlichen Verpflichtungen zu Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung hinaus und gibt dem Betrieb Anleitungen mit dem Ziel, in einem komplexen, anspruchsvollen und sich ständig ändernden Umfeld nachhaltigen Erfolg durch den Einsatz des BGM zu erreichen. Alle in dieser Spezifikation festgelegten Anforderungen sind allgemeiner Natur und auf alle Betriebe anwendbar, unabhängig von deren Branche und Größe, deren unterschiedlichen geografischen, kulturellen und sozialen Bedingungen und von der Art der bereitgestellten Produkte bzw. Dienstleistungen. Diese DIN Spec BGM ermöglicht es einem Betrieb, sein eigenes BGM mit in Beziehung stehenden Anforderungen anderer Managementsysteme (z.B. 9001 ff. im Qualitätsmanagement) in Einklang zu bringen oder mit diesen Managementsystemen zusammenzuführen. Dies wird durch Zugrundelegung des ISO Guide 83 („High level structure and identical text for management system standards and common core management system terms and definitions“) bei der Struktur der Spezifikation gewährleistet.

Auch die neue DIN ISO 45001:2016-03 „Arbeitsschutzmanagementsysteme - Anforderungen mit Leitlinien zur Anwendung (ISO/DIS 45001:2016)“ ist somit voll kompatibel.

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